4. Internationales Frauenfilmfestival 1993Die Subversive Kraft des Lachens Einleitung:
Geschlechterverhältnisse und weibliche Lach-Kultur im Film
Dem Geschlechterverhältnis nicht nur mit einer problematisierend-ernsthaften Haltung auf den Leib zu rücken, sondern offensiver und innovativer gegenüberzutreten - das ist schon seit langer Zeit überfällig! Immer häufiger gibt es in den letzten Jahren auch Filmemacherinnen und audiovisuelle Künstlerinnen, die sich einer distanziert-ironischen oder respektlos-bösen Perspektive auf die Frau-Mann-Beziehung bemächtigt haben. Sie unternehmen den Versuch, 'Weiblichkeit' (auch 'neue' Weiblichkeit) und 'Männlichkeit' als gesellschaftlich-kulturelle Konstrukte zu enttarnen und mit Witz in Frage zu stellen.
Karikaturen mit Kamera und Computer
Das Festival als Ort einer neuen Lach-Kultur? Wir verstehen das Festival als einen ersten Ansatzpunkt, der kulturellen und gesellschaftlichen Spezifik von Witz und Humor nachzugehen, mit Formen der nicht-etablierten Kunst zu experimentieren, aber auch nach der Verwertung von Komik und Komödie in der alltäglichen Unterhaltungskultur (TV, Boulevardtheater) zu fragen: Was verbindet (und was trennt) Hella von Sinnen, Pia Frankenberg, Gisela Schneeberger und Tana Schanzara? Ist das (unverschämte) Gelächter von Frauen schon an sich eine Provokation? Welche Felder und Themen sucht sich die ironische Betrachtungs- und Blickweise weiblicher Kunstproduktion?
In der Kombination von Produktionen aus dem gesamten europäischen Raum, den USA, Australien, China und Japan
eröffnet sich nicht nur die Perspektive auf Ähnlichkeiten und Differenzen im (filmischen) Umgang von Künstlerinnen
mit dem Geschlechterverhältnis heute, sondern auch auf die kulturelle und gesellschaftliche Spezifik von Witz und Humor.
Die einzelnen thematischen Aspekte des Filmprogramms wurden durch Einführungen, Diskussionen, Seminare und
Workshops begleitet.
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Die Schwerpunkte des Filmprogramms: Zerrbild der Gesellschaft: Parodie und politische Satire Das Gelächter der Geschlechter Das andere Lachen - Witz und Humor in anderen Kulturen Home Stories: Familiengeschichten
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Zerrbild der Gesellschaft: Parodie, Politische Satire Obwohl das Lachen häufig im Sinne der Herrschenden funktionalisiert wurde (z.B. im rassistischen oder sexistischen Witz), findet sich auch stets das Widerständige: karnevalistische Aktionsformen (wie es sie - wenn auch selten - in der neuen Frauenbewegung gab), Ideenschmuggel in Komödien, satirische Entwürfe utopischer Gesellschaftsformen.
Filme:
Frostschutzmittel
Lennä Lempi (Flieg, meine Liebe)
Quadratisch, Praktisch, Gut...
Melken und Saugen
Sexa-Pill
In Praxi
Bio-Graphics
Geige, Pferd und ein bisschen nervös
Der ungläubige
Udel (Schicksal)
Body Beautiful
Möchte jemand einen Keks ?
Negative Man
Lotto Texas
Grabowski, Haus des Lebens
Peep Show
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Das Gelächter der Geschlechter Die hier vorgestellten Filme setzen den Geschlechterkampf im Animations- und Spielfilm konsequent fort, thematisieren ihn aber neu, indem sie die Opfer-Täter-Relation umdrehen, verfremden oder damit spielen.
Filme:
Hauptstrasse 260
The Weatherhouse
Pickelporno
Elsa
Pa-Ma-Triarchat
Geliebte Mörderin
Olga-Die Heilung
Bar Jeder Frau
Die Grosse Liebe
Atlantic Rhapsody
Die Stille um Christine M
Brennende Betten
Danzon
Sugarblues
Im Kreise der Lieben
Knock Out
Sirup
Full of Grace
Barmherzige Schwestern
Emra Waheda la takfi
A Period Of Piece
Liebe und Anarchie
Film o Niczym
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(Über-) Lebenskünstlerinnen Wie schaffen es Frauen, ihr - mitunter tragisch verlaufendes - Leben mit Witz und Humor - zu überstehen? Wie richten sie sich ein in- oder außerhalb der bestehenden Stereotypen von Weiblichkeit? In diesem Themenblock geht es um die alltäglichen und ganz persönlichen Strategien des Überlebens. Lachen ist in diesem Fall ein Mittel der Erleichterung, der Kompensation und der Befreiung: eine der vielen kleinen Listen der Ohnmächtigen.
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Das andere Lachen - Witz und Humor in anderen Kulturen Im Gelächter können sich auch Differenzen offenbaren - Unterschiede zwischen den Geschlechtern, zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen, zwischen Generationen und Gesellschaftssystemen. Was in der einen Kultur einen guten Stoff für Witze abgibt, kann auf einem anderen Kontinent als anstößig gelten und eine Verletzung des guten Geschmacks sein. Gags über Religion z.B. - bei uns gerade noch legitim - rufen in den USA peinliche Befangenheit hervor. Worüber ein Publikum in Japan lacht, läßt die Zuschauer hierzulande nicht mit den Mundwinkeln zucken; die Ironie-Signale, die ein lateinamerikanischer Film sendet, kommen hier vielleicht gar nicht an. Eine intensive Diskussion nach den Filmen erschien uns hier besonders notwendig und sinnvoll.
Filme:
Freud flyttar Hemifran (Freud verläßt das Haus)
Reci, Reci, Reci, (Worte Worte, Worte)
Beijing Ni Zao (Guten Morgen, Peking)
Emraa Waheda la takfi
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Home Stories: Familiengeschichten Die Familie, Ort der Sozialisation, ist in besonderem Maße ironischen Attacken ausgesetzt. In der Perspektive der Video- und Filmemacherinnen entpuppt sich der "Kreis der Lieben" als Teufelskreis.
Filme:
Oranges are not the only Fruit
Schoon Genoeg - Royal Flush
Die Mitreisenden
Billi
Family Turns
Gloria
Knock Out- To tette og en bade Hette
Sugar Blues
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Grenzen und Tabus Groteske und schwarzer Humor: die Absurdität von Leben und Sterben, Leben und Tod; unfreiwillige Komik; Lachen, das im Halse stecken bleibt; die enge Verknüpfung des Witzes mit dem Schrecken, mit Verdrängtem, Traurigem und Schaurigem - dieser Aspekt stand hier im Mittelpunkt: Grenzüberschreitungen.
Filme:
Headrome
Idole mio Black Holes/ Heavenly Bodies
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Kabelsalat - Mediensatire Die Medien im Zerr-Spiegel: Edith (alias Eduard) Zimmermann in Aktenzeichen XX - Ungelöst auf der Jagd nach mysteriösen Verbrecherinnen, der heitere Blick auf die mühsame Arbeit der Tonfrau, eine experimentelle Video-Version des Serien-Helden James Bond und ... und ... und
Filme:
Le Televisiun (Das Fernsehen)
Ich
Backstage
James Bonk In Matt Blackfinger
Pump It Up!
Aktenzeichen XX - Ungelöst
Das Nummerngirl
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Lesbenfilmprogramm Das Lesbenfilmprogramm setzte sich aus verschiedenen Videos zusammen, die die unterschiedlichen Lebensrealitäten von Lesben u. a. aus europäischer, nord- und südamerikanischer oder asiatischer Sicht thematisieren. Hierbei handelte es sich in erster Linie um Produktionen, die durch ihre Darstellung von lesbischen Lebensformen und der Lebensfreude in ihnen die 'Subversion des Lachens' zum Ausdruck bringen.
Allen Filmen gemeinsam ist die Auseinandersetzung um Rassismus, ethnische Identitäten und die
verschiedenen kulturellen Hintergründe.
Filme:
Spin Cycle
Exposurecan 1990
Sex and the Sandinistas
Kush Spezialangebot: Lesben-Video-Kabinett
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Historische Filmkomödien Die großen Komiker - so zeigt ein oberflächlicher Blick in Filmbücher und Retrospektiven - waren samt und sonders Männer: Charly Chaplin, Buster Keaton oder Laurel & Hardy sind als Stars des Slapstick und der Komödie bekannt. Daß gerade das frühe Kino in Europa und den USA auch den Schauspielerinnen (den "Stars") Möglichkeiten der Mitsprache und Mitgestaltung ihrer Rollen bot, ist weitaus weniger bekannt. Frauen wie Pola Negri, Ossi Oswalda, Asta Nielsen oder Dorrit Weixler gaben ihm die Konturen; In den Hollywood-Komödien der Tonfilmzeit (Lubitsch, Hawks, Capra) waren die Frauen immerhin das, was ihnen in anderen Genres verwehrt blieb: berufstätig, unabhängig, zickig, geschwätzig und widerständig (bis sie im Happy-End geheiratet wurden). Sie durften sich schlecht benehmen, Karriere machen, ohne auf den Mann ihrer Träume zu verzichten, sich Liebhaber zulegen, Geschirr zerschmettern und hysterisch kreischen, oder - wie Mae West - obszöne Sprüche machen.
Filme:
Das rosa Pantöffelchen
Ich möchte kein Mann sein
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