3. Internationales Frauenfilmfestival 1991

Maschinenstürmerinnen

Einleitung:

Das 3.Festival von 'femme totale' war eine Zusammenstellung von Filmen von Frauen zu dem Thema: "Maschinenstürmerinnen - Frauen und neue Technologien".

Der Golfkrieg und die blutigen Auseinandersetzungen in den Ländern der Sowjetunion ließen 'Kriegs- und Machttechnologien' zu einer mehr als bitteren Aktualität werden. Was zunächst nur als ein Programmpunkt unter anderen gedacht war, schien jetzt das Thema zu sein.

Daher gerieten fast alle Programmteile, wie z.B. ökologische Auswirkungen von modernster Technik, die simulierten Wirklichkeiten (die uns einen sauberen Krieg in den Medien vorführten), mittelbar oder unmittelbar mit den Vorgängen von Macht- und Kriegstechniken in einen Zusammenhang. Hatten wir bis dahin die Verbindung nur in unserer Programmstruktur geschaffen, erschienen die verschiedenen Bereiche plötzlich auf ein und derselben Ebene.

In dem Programmteil, in dem Filmemacherinnen sich mit den Folgen technologischer Entwicklung in ihren Filmen beschäftigen, wurden die eben erwähnten Zusammenhänge am offensichtlichsten.

Aber auch in den anderen Programmteilen, z.B. beim Gang durch die Filmgeschichte wurde mit der Frage nach dem 'Technikkult' die Beziehung zwischen der politischen Entwicklung der 20er/30er Jahre und der filmischen Gestaltung hergestellt. Oder es wurde wie bei der Ausstellung 'Zeichen und Mathematik' von Rune Mields (Eröffnung 10.4.) Kunst und Technik auf ihre Basiswissenschaft verwiesen und in der Reduktion der möglichen Auflösung von Kultur ein 'Menetekel' gesetzt.

Insbesondere in dem Programmteil, der die Kunst der 'Neuen Medien' präsentierte, wurde über entstehende Auswirkungen neu nachgedacht.

Auf der Grundlage von EDV und Telekommunikation rücken Technik, Wissenschaft und Kunst immer enger zusammen. Die Fähigkeit von Computern 'intelligente' Verknüpfungen herzustellen, stellt sich der menschlichen Intelligenz zur Seite und befördert den tradierten Realitäts- und Kunstbegriff ins Aus.
Die technische Möglichkeit der Reproduzierbarkeit des Kunstwerks -längst selbst zur Kunstrichtung geworden - hat kein 'Mehr' an Politik in die Ästhetik gebracht, als nicht schon in ihr vorhanden war. Film, Video und Fernsehen haben nur allzu oft autoritäre und hierarchische Strukturen transportiert und potenziert, ja, haben unsere Wahrnehmung der Realität - wie damals überdeutlich im Golfkrieg - 'gemacht', sie neu geschaffen und/oder mystifiziert.

Ob die Kunst in der Lage ist, dazu zu dienen, die "Kulturmuster zu en- und decodieren" (Richard Kriesche), oder ob unsere Kultur durch "den Einfluß der Technik auf unsere Existenz" nur noch eine untergeordnete Rolle spielen kann (Michael Langner), darüber können wir nicht nur Männer nachdenken lassen!

Bei diesem Festival war viel zu sehen und zu hören von der produktiven Technikseite: Filme von Frauen, die in ihrer Ästhetik und ihren Inhalten quer zur herr-schenden Kultur dazu beigetragen haben, anderen Frauen Lust und Mut auf die Herstellung ihrer eigenen Kultur zu machen. Es ist aber nicht zu trennen von der Auseinandersetzung mit der Technik des Mediums selbst und inwieweit Frauen hierbei kollaborieren oder noch subversiv sein können.

Maschinensturm 1991:

  • als Eroberung von Technik und Beherrschung ihrer Anwendung durch Frauen, auch und gerade in den Medien?
  • als Begriff von Verweigerung, Zerstörung, Ablehnung von Technik von dem Moment an, wo die Unüberschaubarkeit ihrer Herstellung und Verwendung einsetzt?
  • ja sagen, im freien Fall zwischen dem einen und dem anderen und wenn,
  • wo ist dann unsere (Schmerz-)Grenze?



Die Schwerpunkte des Filmprogramms:

Historische Filme

Experimentalfilme

Filme zu aktuellen Technikthemen

Neue Medien

Spezialeffekte/Phantastischer Film



Historische Filme
Das Programm "Mein Traumprinz war der Kinematograph" (Alice Guy-Blaché) präsentierte Filme, die in den 'Kinderjahren' des Films gedreht wurden. Sie haben eine narrative Struktur und experimentieren mit den technischen Möglichkeiten ihrer Zeit. Es entsteht ein Überblick über die Rolle, die Frauen in den Traumfabriken hinter der Kamera gespielt haben.

Filme:
A Japanese Idyll
USA, 9 min. 17 sek., Louis Weber

Etudes Cinematographiques sur une Arabesque
F 1928, 5 min., Germaine Dulac

Fliegende Händler in Frankfurt Main
D 1932, 27 min., Ella Bergmann-Michel

K.SCH.E. (K.SCH.E. The Godfather of Electrification)
UdSSR 1932, 100 min., Esfir Shub

L'enfant de da Barricade
F, 3 min., stumm, R: Alice Guy Blaché

La Puce
F, 25 sek., stumm, Alice Guy Blaché

La Vie du Christ
F 1906, 1 min.25 sek., stumm, Alice Guy Blaché

Mable at the Wheel
USA 1914, 15 min., Mable Normand

Something New
USA 1920, 90 min., stumm, Nell Shipman

Steklijannyi Glas
UdSSR 1928, 50 min., Lilja Brik

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Experimentalfilme
Hier wurden Filme von Frauen aus der amerikanischen Avantgarde- und Undergroundfilmszene der 40er, 50er und 60er Jahre gezeigt. Vorgestellt wurden Filmemacherinnen, die sich mit Technik (auch) theoretisch auseinandergesetzt haben und ihre Position über die technischen Möglichkeiten der Kinematographie als Gestaltungsmittel in ihren Filmen einsetzten.

Filme:
Abstronics
USA 1952, 7 min., Mary Ellen Bute

Between
BRD 1989, 9 min., Claudia Schillinger

Blindman's Ball
BRD 1988, 34 min., Dore O.

Dwighitana
USA 1961, 3 min. 30 sek., Marie Menken

Fuses
USA 1964-67, 22 min., stumm, Corolee Schneemann

Introspection
USA 1946, 6 min., Sara Kathrin Arledge

King Kong
BRD 1984, 8 min.30 sek., Hille Köhne

Kugelkopf
A 1985, 5 min., Mara Mattuschka

Light Reading
GB 1978, 20 min., Lis Rhodes

Mona Luna
USA 1990, 7 min., Emily Breer

Negative Man
BRD/USA 1985, 3 min., Cathy Joritz

Notebook
USA 1961, 10 min., stumm, Marie Menken

Ritual In Transfigured Time
USA 1947, 15 min., stumm, Maya Deren

Schweineschnitzel
BRD 1971, 8 min., stumm, Margaret Raspé

Souterrain
BRD 1978, 25 min., Rotraut Pape

Still Life
GB 1978, 8 min., Jenny Okun



Filme zu aktuellen Technikthemen
Die Filme machen die Bandbreite der Technik und ihres Einsatzes im Krieg, in der Forschung und in der Produktion bis hin zum Einsatz von Technik zur Manipulation des "biologischen" Lebens in der Gen- und Medizintechnologie deutlich.

Die Filmemacherinnen zeigen zumeist, daß das, was ihnen begegnet, etwas Fremdartiges ist, etwas, das sie als auferzwungen, als System der Bedrohung erleben.

Filme:
Abkratzen und Teetrinken
BRD 1986, 6 min. 10 sek., Susanne Fränzel

Amor, Mujeres y Flores
COL 1989, 52 min., Martha Rodriguez

Arbeit macht Spass
DDR 1989, 3 min., Sieglinde Hamacher

Au Clair de L'ovule
CAN 1987, 51 min. 35 sek., Louise Mondoux

Aus heiterem Himmel
BRD 1982, 110 min.

Bhopal: Beyond Genozid
IND 1985, 80 min., Suhasini Mulay

Biloacija
YUG 1990, Marina Grizinic & Aina Smid

Bravo Papa 2040
BRD 1989, 5 min. 47 sek., Susanne Fränzel

Coalmining Women
USA 1982, 40 min., Elizabeth Barret

Daedalus
BRD 1990, 95 min., Mirjam Quinte

Der Kreator
BRD 1989, 6 min., Josy Meier

Dukovany; Vrouci Kotel
(Brodelnde Kessel)

CSSR 1987, 90 min., Drahom'ra Vihanov

Exercises
BRD 1976, 19 min., Anke Oehme

Femme Dans La Guerre 1939-1945
F 1989, 5x55 min., Guylaine Guidez

Frankensteins Scheidung
BRD 1984, 50 min., Monika Funke-Stern

GlüCks-Spirale
(The Spiral of Fortune)

BRD/Thailand 1985, 50 min., Marie-L. Buchczik, Ulrike Schaz

HöRst Du Die Erde Weinen?
PL 1985, 20 min., Tamara Soloniewicz

La Belle Et Labor
BRD 1991, 21 min., Claudia Prietzel, Angela Holtschmidt

Landslides
AUS 1986, 75 min., Susan Lambert

Maschinensturm
(Machine Wrecking)

BRD 1987, 45 min., Maria Hemmleb

Ö-Norm-Al
A 1989, 47 min., Anna Steiniger

On Guard
AUS 1983, 51 min., Susan Lambert

Panelstory
CSSR 1975, 90 min., Vera Chytilova

Plody Zhelanij Ili Lovlja Jashtscheric Na Fone Gory Ararat
( Früchte der Wünsche oder Eidechsenfang am Berg Ararat)

UdSSR 1988, 30 min., Tatjana Tschivikovo

Plutonium Blonde
GB 1987, 15 min., Sandra Lahire

Pretend you'll survive
GB 1981, 9 min., Leeds Animation Workshop - Women's Collective

Soldier Girls
USA 1981, 87 min., Joan Churchill

Strahlende Zukunft
BRD 1977-79, 115 min., Susanne Beyerle

The Star Tschernobyl
UdSSR 1990, 90 min., Valentina Gurkalenka

Through the Wire
USA 1989, 85 min., Nina Rosenblum

To hurt and to heal
CAN 1986, 45 min. + 60 min., Laura Sky

U Wojny ne Shenskoe Litzo
(War does not have a female Face)

UdSSR 1986, 7x20 min., Swetlana Aleksiewitsch (script)

Umwelt
BRD 1985, 6 min. 30 sek., Bettina Bayerl

Und mit Geistesstärke tu' ich Wunder auch
(With Strength of Mind I can do Wonders too)

BRD 1990, 90 min., Gerda Breuer & Petra Valentin

Verriegelte Zeit
D 1990, 94 min., Sybille Schönemann

Wenn d Maschin' lauft
BRD 1990, 44 min., Tamara Staudt

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Neue Medien
Der Programmteil Neue Medien reflektiert die Auswirkungen elektronisch vernetzter Systeme auf unsere Gesellschaft, die unsere Kommunikationsformen in einer Weise massenmanipulieren, der wir uns kaum mehr entziehen können. Die Medien der 70er Jahre, die elektronischen Medien, haben aber auch gegenüber anderen Medien eine kürzere von männlichen Kriterien bestimmte Produktions- und Rezeptionsgeschichte.

Die sich im Zuge weiterer Technologisierung vervielfältigende Videoarbeit stellt die künstlerische Auseinandersetzung mit und in diesem Medium mehr denn je in den Zusammenhang "Kunst und Technologie" und vor die Notwendigkeit, diese Veränderungen auch im Hinblick auf Frauen zu betrachten

Filme:
00 Zeit als Zentrifuge
USA 1990, 2 min. 30 sek., Mechthild Schmidt

Automaten
A 1990, 10 min., Heidemarie Seblatnig

Buntwäsche
BRD 1985, 6 min., Birgit Durbahn

Canale Grande
BRD/ A 1980-83, 95 min., Friederike Petzold

Cricket
SF 1988, 7 min. 10 sek., Marikki Hakola

De Blickvanger
NL 1989, 10 min., Friederike Jochems

Desire Inc.
USA 1990, 26 min., Lynn Hershman

Die Evidenz des Kalküls
A 1987, 8 min., ILSE GASSINGER, ANNA STEINIGER

Disinformation
USA 1985, 17 min., Martha Rosler

Eurythmy
NL/USA 1989, 4 min., Susan Armkraut

Gasoline Tango
A 1989, 5 min., GOTO MP - Margot Pilz

Im Original Farbig
A 1986, 5 min., Ursula Pürrer, Angela H. Scheirl

Message from the Cave
D 1990, 14 min., Birgit Durbahn

Monolog Digital
BRD 1989, 60 min., Sabine Fröhlich

Off the Record
D 1990, 2 min., Christina Perincioli

Puzzle Museum
I 1989, 3 min., Flavia Alman

Quel Numero - What Number?
CAN 1985, 81 min., Sophie Bissonette

Rendez-Vous in Montreal
CH 1987, 2 min., Nadia Magnenat-Thalmann

Sete
A 1989/90, GOTO MP - Margot Pilz

Staubsaugen
BRD 1985, 6 min., Claudia Richarz, Andrea van der Staeten

Stille Katastrophe
BRD 1986, 5 min., Astrid Heibach

The Art of losing Memory
GB 1990, 8 min. 20 sek., Kathleen Rogers

The Drift of Juicy
A 1989, 10 min., Ursula Pürrer

Vorsicht Glatteis
D 1990, 5 min. 30 sek., Claudia Richarz

rendezvous


Spezialeffekte/Phantastischer Film
Schon seit den Anfängen der Filmgeschichte waren sie mit dabei: Ob ein Mensch durch die Luft flog, ein Gebäude in Flammen aufging oder eine ganze Armee von Skeletten mit dem Schwert kämpften - Spezialeffekte gehörten zu den Kinosensationen, seit es das Kino gibt. Der phantastische Film, Horrorfilm, Science-Fiction und Märchen, war der bevorzugte Ort, an dem all diese technischen Zaubertricks am extensivsten genutzt wurden.

In diesem Metier sind traditionell nur wenige Frauen tätig. Wir haben Fachfrauen und/oder ihre Produktionen aus diesem Bereich vorgestellt: Regisseurinnen, die innerhalb der Trick-Technik neue Möglichkeiten entwickelten, Stuntfrauen und Pyrotechnikerinnen, Drehbuchautorinnen, die phantastische Reisen erdachten, Filmemacherinnen, die Science Fiction mit Politik verknüpften usw.

Filme:
Aelita - Der Flug zum Mars
UdSSR 1924, 45 min. stumm, Costume/ Special Effects: Alexandra Exter

Aufstand der Spielzeuge
(Vzpoura hracek The Revolt of Toys)

CSSR 1947, 15 min., Hermina Tyrlov

Der einbeinige Kranich
A, Animationsfilm, Sylvia Nesher

Der neue Gulliver
(Nowy Gulliwer)

UdSSR 1933, 77 min., Puppen: Sara Mokil, Puppenaufnahmen: S. Olga Taezshnaya

Die Abenteuer des Prinzen Achmed
D 1923/24, 71 min., Lotte Reiniger

Die Frau im Mond
(The Woman in the Moon)

D 1929, 150 min., Buch: Thea von Harbou

Die Letzten Tage von Gomorrah
BRD 1974, 100 min., Helma Sanders

Sleepwalk
USA 1985, 80 min., Sara Driver